Nachruf 2019

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Lieber Namensgeber unserer Stiftung, lieber Elhadj,

das tragische Ereignis ganz in
der Nähe deines Gymnasiums jährt sich heute zum ersten Mal. Niemals werde ich
den Moment vergessen, an dem man mich von der Unfallstelle als ersten in
Deutschland informierte. Niemals werde ich diesen Schmerz, diese Trauer und
diese Betroffenheit in meiner Familie, bei mir selbst, bei Freunden und an
unserer Schule, deiner deutschen Partnerschule in Osterode, vergessen. Niemals
werde ich vergessen, was wir gemeinsam begonnen und mit den Autoritäten sowie
zahlreichen besonderen Menschen an unserer Seite geschaffen haben. Niemals
werde ich die Aussage eines gemeinsamen Freundes vergessen, der zu mir sagte:
„Du hast am meisten verloren. Von nun an hast du den Rucksack für eure gemeinsame
Vision auf.“

Ich habe meinen Nachruf vor exakt
einem Jahr mit dem Herzen geschrieben und meine Worte noch so oft selbst
gelesen. Dort heißt es: „Wir werden dein Vermächtnis wachsen lassen, das Beste
kommt noch.“ Mit Freude und unsagbarem Stolz kann ich dir sagen, dass wir, das
Sextett der Elhadj Diouf Foundation, diesen Worten haben Taten folgen lassen.

Die Stiftungsgründung an deinem
Geburtstag im Juni, die Ausrichtung der Gala am 11.09.2018 vor ausverkauftem
Haus, die Gründung des Cabinet Médical Elhadj Diouf, diverse Projekte an deiner
ehemaligen Grundschule Sam 2 und der Wunsch, eine Primarschule zu errichten,
die deinen Namen tragen wird. Wir EDFler sind dauerhaft in Kontakt. Wir
wirbeln, vernetzen und initiieren, wo wir nur können und darüber hinaus. Dank
dir und in unseren Herzen mit dir sind wir davon überzeugt, unsere Kraft für
das Richtige einzusetzen: Bildung, Begegnung und Perspektiven für junge
Menschen. Dafür standest du zeitlebens und dafür stehst du durch die Elhadj
Diouf Foundation weiterhin.

Foto: EDF

Lieber Elhadj, du bleibst in unseren
Taten lebendig. Es ist kein Tag vergangen seit deinem Unfall, an dem dein Name
nicht mindestens einmal auf dieser Welt gefallen ist. Dein einstiger
Wirkungskreis, die PASCH-Räume am Lycée Valdiodio NDiaye samt Garten, heißt
heute Espace Elhadj Diouf. Du bist für so viele Menschen Motivation und
Inspiration. Auch für uns bist du der Antrieb, diese Welt durch Begegnungen ein
bisschen besser zu machen und junge Menschen dafür zu begeistern, sich in ihrer
jeweiligen Gesellschaft zu engagieren. Es war für uns alle, speziell für mich,
ein seltsames Gefühl, im Dezember in Dakar anzukommen und zu wissen, dass du
diesmal nicht am Airport mit den Worten „Die Deutschen sind da.“ auf uns warten
würdest. Niemand hat mich „Mr. Programme“ genannt und immer wieder betont, dass
dieses Projekt „total verrückt“ sei. Niemand hat mich geneckt und mir gesagt,
dass ihn „mein Kopf inspiriere“. Wir haben die Tennis-Reise gemeinsam terminiert,
doch leider nicht mehr zusammen umsetzen können.

Elhadj, ich kann dir mit Stolz
sagen, dass wir uns mit unserem Blick durch unsere Herzen bis heute in keiner
Person getäuscht haben. Deine Familie und meine Familie sind nach wie vor
verbunden. Viele deiner Freunde bzw. Menschen, die ich erst später als deine wahren
Freunde kennengelernt habe, sind motiviert, dein Werk fortzuleben. Auf der Gala
hat Gora emotionale Abschlussworte gefunden, die uns allen direkt ins Herz
gegangen sind. Alle Schüler, die ich gesprochen habe, schwärmen noch immer von
ihrem „Herrn Diouf“. Sei es als Gewinner des Elhadj Diouf Awards, im Rahmen der
zahlreichen Kontakte mit unseren Schülern aus Osterode oder per Facebook,
WhatsApp etc. All die Menschen, die wir gemeinsam in den Jahren getroffen und
„auf die Brücke geholt haben“, sind weiter mit dem Herzen dabei, einige sogar
noch stärker als zuvor. Du hast mir immer gesagt: „Du bist der einzige Mensch,
den ich kenne, der seine Versprechen auch einhält“. Zum Glück darf ich dich
korrigieren: Es gibt noch viele andere Menschen, die ihren Worten gefolgt sind.
Sei es als musikalisches Highlight auf der Gala, sei es als Berater und
Multiplikator in Hannover, sei es als Weltenbummler aus Berlin oder als
nimmermüde Akteure im Stiftungsrat. Elhadj, dort wo du bist, kannst du mit
Stolz sehen, dass das, was du gesät hast, Früchte trägt.

Das Osteroder Modell ist
mittlerweile zu einem bundesweit wahrgenommenen Modell für EINE Welt geworden.
Wir haben auch auf kommunaler Ebene in deinem Sinne weitergemacht und im Juni
eine beeindruckende Begegnungsreise erlebt. Du hattest die Besetzung der Plätze
noch kurz vor deinem Unfall maßgeblich mitgestaltet, im Grunde war es eine
Reise für dich. Deine Schwester war mit dabei und hat die Osteroder in gleicher
Weise wie du mit ihrem Herzblut, ihrer Offenheit und ihrer Menschlichkeit
beeindruckt. Die kommunale Partnerschaft wird weitergehen. Wir haben uns Orte
angesehen, an denen wir zusammen waren, sei es am Ortsschild in Wulften, am
Baum im Arboretum, bei uns zu Hause oder einfach in der Osteroder Innenstadt.
Ich habe mit dir in sechs Jahren so viel erlebt, kaum ein Ort erinnert mich
nicht an visionäre Gespräche, albernes Lachen oder einfach das Gefühl, mit
meinem Bruder aus Afrika Zeit zu verbringen. Wir haben Fotos vom Harzer Herbst
gemacht, du hast mit Günter nach Kühen und Schafen geschaut, wir haben für
Pferdefotos angehalten und immer wieder mit Menschen gesprochen.

Über deinen Tod hinaus reißen die
besonderen Momente dank und mit dir nicht ab. Gemeinsam mit Matthias war ich an
deinem Grab – ein Moment für die Ewigkeit. Wir haben deine Familie besucht und
das Gefühl gehabt, dir ganz nah zu sein. Bassirou, dein sehr guter Freund, hat
in Kaolack eine Mannschaft formiert, die in deinem Sinne weitermacht. Er ist
das Auge, das Hirn und das Herz unserer Stiftung vor Ort. Die Gründung des
Cabinet Médical, das deinen Namen trägt, sein Einsatz an jedem Tag als Ehrerbietung
an dich, das geht einem sehr nahe.

Ich habe mir in den vergangenen
Monaten so oft die Frage gestellt: „Was würde Elhadj in dieser oder jener
Situation tun?“ und so oft Antworten gefunden, von denen mir die Menschen in
Kaolack gesagt haben: „Genau so hätte auch Elhadj gehandelt oder gesprochen.“
Ein Kollege von dir hat mir erzählt, dass er viele Menschen in seinem Leben hat
kommen und gehen sehen. Aber niemals, wirklich niemals habe er es erlebt, „dass
man über einen Menschen immer in der gleichen Weise, immer positiv und mit
Erinnerungen an gemeinsame Begegnungen spricht.“ Dieser eine Mensch bist du,
Elhadj.

Wir werden deinen ersten Todestag
mit Begegnungen füllen, so wie du es immer gewollt hast und wofür du dich mit
all deiner Kraft eingesetzt hast. Bei uns an der Schule gibt es einen
Filmabend, in Kaolack werden gemeinsame Gebete organisiert. Viele Menschen
werden an dich denken, viele Erinnerungen an Gespräche mit dir werden hoch
kommen und all das hilft, mit deinem viel zu frühen Abschied zu leben.

Besonders beeindruckt hat mich
die Aussage eines Schülers vor wenigen Wochen am Rosa See: „Ich bin Herrn Diouf
dankbar für all das, was er in Osterode begonnen hat. Es ist, als wäre er die
ganze Zeit bei uns. Das freut und berührt mich sehr.“

Diese Worte zeigen, dass du in
unseren Gedanken, Aktionen und Herzen weiter lebendig bleibst. Das ist für mich
ganz persönlich und für so viele Menschen auf der Brücke zwischen Osterode und
Kaolack so unglaublich tröstend. Zwar wird es nie wieder so wie es mit dir war,
aber es wird immer in deinem Sinne weitergehen. Das ist mein Versprechen an
dich und deine Familie. Und du weißt ja: „Mr. Programme ist positiv verrückt
und er folgt seinen Worten.“

In einem Jahr möchte ich dir
verkünden, dass das Cabinet Médical expandiert ist und weiterhin viele Menschen
von jung bis alt versorgt. Ich möchte dir sagen, dass sich die erste Elhadj
Diouf Schule im Bau befindet und eines Tages junge Menschen für unsere eine
Welt motiviert. Ich möchte dir von vielen weiteren Begegnungen zwischen
Schülern und kommunalen Vertretern beider Länder sowie einer unvergesslichen 2.
EDF-Gala berichten. Möge unsere Brücke weiter wachsen.

Gno far, toujours ensemble, für immer zusammen…
Das Beste kommt noch!

Dein Kollege, Freund und Bruder

Januar 2019

P.s.: Ich freue mich darauf, unserer kleinen Tochter
eines Tages noch mehr von ihrem Onkel aus Kaolack zu erzählen. Wie hast du
immer gesagt? „Nicht wir, sondern die Jugend ist die Zukunft.“;-)

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